Gedanken zur Politik #2

Ein ehemaliger Kollege von der Arbeit, aus meiner Sicht ein Vollprofi, sagt des öfteren, er habe auch nicht immer die besten Eigenschaften, z.B. sei er recht emotional. In unsrer Branche, im Dienstleistungsektor ist diese Eigenschaft durchaus disputabel. Ich denke jedem würden hier Pro und Contra einfallen, die man dann abwägen müsste etc.

Wenn ich mich Samstag Nachmittag mit einer Tasse zu heißem Kaffee ins Bett zurückziehe und das übliche mache, Lesen, Doomscrolling, Musik und vor allem meinen Gedanken nachzugehen, viel mir immer wieder diese Eigenschaft ein. Ich springe dann weiter zur Gesellschaft, die ich über Medien und über mein direktes Umfeld wahrnehme: Zum einen drückt sich mir die Gesellschaft, über die politische Elite, scheinbar repräsentiert via Medien auf. Die Politiker sprechen, mMn. seit Merkel, zunehmend distanzierter oder mit einer aufgesetzten, pseudo-Emotionalität und natürlich im Tonus des „wir“. „Wir schaffen das“, „wir halten die Brandmauer“, wir, wir, wir. Will sagen: Was emotional aufgeladen scheint, nehme ich denen nicht ab – weder Rechten noch Linken und ganz besonders nicht der politischen Mitte; denn die politische Mitte, ist garkeine Meinung, da sie von den äußeren Polen abhängig ist und sich folglich nicht eigenständig festlegt. Die politische Elite aus dem Bundestag hat idR. mit dem normalsterblichen 0518 Einwohner in etwa soviel zu tun wie Quantenphysik mit Astrologie.

Wiedersprüchliche Argumentation zur Emotionalität in der politschen Mitte wäre (und hier musste ich lachen): wer sich nicht selbst festlegt und nur durch äußere Faktoren agiert, folgt und wer folgt kann zum größten Fan des Vorgegebenen werden. Fan kommt von fanatisch und trägt damit die größte Emotion in sich. Vllt ist dies ein Dualismus, der sich in der politischen Mitte finden lässt? Ich schweife ab.

Zurück zur Emotionalität und warum ich darauf zu schreiben komme. Ich wünsche mir mehr Emotionalität. Emotional zu sein, bedeutet auch seine Gefühle über eine Situation oder Sache offen zu tragen, sodass jeder sehen kann was einen wie berührt. Das ist aus meiner Sicht keine Schwäche, sondern eine Stärke. Zeige ich meine Gefühle deutlich, kann das Gegenüber direkt erkennen wie ich zu einem Thema stehe und sich dann entscheiden wie es darauf reagiert. Kein Versteck spielen. Das zeigt Charakter. – Ich spreche hier explizit von einer gesunden Emotionalität, nicht von einer total überladenen Person, die Ihre Wutausbrüche nicht unter kontrolle hat (leider glaube ich, dass ich dies erwähnen sollte um Missverständniss vorzubeugen).

Mir kommt die Gesellschaft immer grauer und kälter vor. – Als ich klein war und mit meinem Opa die üblichen Runden spazieren gegangen bin, blieb er alle fünf Minuten stehen um mit irgendeiner Person die daher kam zu sprechen. Als Kind fand ich das immer super nervig, heute sehe ich das entschieden anders. Austausch und Emotionen formen das Leben, das Miteinander. Ich breche hier eine Lanze für alle emotionalen Charaktere da draußen.

Ich möchte nicht in einer Gesellschaft der Stoiker oder Soziopathen leben, in der jeder sich nurnoch mehr zurückzieht und nicht mehr den Mund aufbekommt oder keine Emotionen mehr zeigt. Meine Wahrnehmung der Gesellschaft ist der maximale Rückzug ins Private, die Abwendung aus der Öffentlichkeit und die unter der Oberfläche prodelnde zunehmende, aber nicht nach außen getragene unterdrückte Unzufriedenheit.

Menschen die auch mal mit Trähnen in die UBahn einsteigen, oder ein Paar das sich öffentlich zofft und sich dann in die Arme nimmt und küsst, gehören zum Leben dazu. Genau sowas gehört in den deutschen Bundestag. Wenn das nichts hilft, dann werden die Grauen Herren zumindest mit der Realität des eines normalen nicht elitären Lebens konfrontiert und was noch wichtiger ist, mit Emotionen.

– befindet sich in Bearbeitung


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